Dritthändler haben auf Amazon generell zwei Möglichkeiten, ihre Produkte zu verkaufen. Einmal über Amazon FBA, den Fulfillment-Service von Amazon, oder über Amazon FBM, also der Versand über den Händler. Aber was genau sind die Vor-, und Nachteile der beiden Versandmethoden und welche sollte man gerade zum Start wählen?
Wie bei allen strategischen Entscheidungen sollte man sich nicht aus dem Affekt heraus für FBM oder FBA entscheiden, sondern die Vor- und Nachteile abwägen sowie Kosten und Risiken genau kalkulieren. Am Ende gibt es kein allgemeines besser oder schlechter, da es immer auf die Situation des Händlers, die Produkte und das Unternehmen ankommt.
Dieser Artikel richtet sich konkret an alle, die mit dem Verkauf auf Amazon starten möchten oder bereits verkaufen, aber über einen Wechsel zu Amazon FBM nachdenken. Nachdem die jeweiligen Vor- und Nachteile erklärt werden, gibt es zusätzlich noch zwei konkrete Zahlenbeispiele, die den Unterschied zwischen FBA und FBM sichtbar machen.
Wofür steht Amazon FBM?
FBM steht für „Fulfillment by Merchant“ und bedeutet im Amazon Kontext, dass der Verkäufer das Fulfillment der Waren selbst übernimmt. Damit ist FBM das Gegenstück zu FBA (Fulfillment by Amazon), bei dem Amazon die Lagerung, den Prime Versand und auch die Retourenabwicklung der Produkte übernimmt.
Amazon FBM im Überblick
Wer seine Produkte über Amazon FBM versendet, profitiert nicht mehr von den günstigen Tarifen und dem Prime-Versand von Amazon FBA. Die Waren müssen in einem eigenen Lager eingelagert, verpackt und verschickt werden. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, einen externen Fulfillment-Dienstleister zu beauftragen. Hier sollten allerdings im Vorhinein die Kosten genaustens überprüft werden, da diese meistens nicht mit Amazon konkurrieren können. Genaue Beispiele dazu gibt es am Ende des Artikels.
Wenn man seine Produkte selbst verschickt, hat man besonders als kleiner Händler wenig Möglichkeiten, konstante Prime Lieferungen zu gewährleisten. Es ist zwar grundsätzlich möglich, den Prime-Batch als FBM Verkäufer zu erhalten, die Anforderungen sind aber streng und werden täglich von Amazon überprüft. Konkret müssen 99 % der Sendungen über eine gültige Tracking-ID verfügen, 90 % aller über Prime verschickten Bestellungen müssen pünktlich ankommen und die Storno-Rate darf nicht unter 0,5 % fallen. Nach einer erfolgreichen Testphase, die in der Regel zwischen 5 und 90 Tagen andauert, bekommt man das Prime-Symbol.
Hält man diese Anforderungen nicht ein, verschlechtert sich der eigene Verkäuferstatus, was eine Entziehung des Prime-Batches zur Folge hat. Möchte man jetzt wieder Prime anbieten, muss ein konkreter Maßnahmeplan erstellt und beim Verkäuferservice vorgelegt werden. Ist Amazon mit den Maßnahmen zufrieden, erhält man den Prime-Batch nach einer erneuten zurück.
Das Problem ist, Prime-Lieferungen für normale Produkte können von wahrscheinlich keinem anderen Fulfillment-Dienstleister so kosteneffizient übernommen werden, wie von Amazon. Gleichzeitig ist man durch die strengen Vorgaben einem zusätzlichen Stress ausgesetzt, da verspätete Lieferungen nicht nur durch eigenes Verschulden, sondern auch durch Probleme beim Versandunternehmen oder Logistikdienstleister verursacht werden können.
Klingt alles erstmal negativ, allerdings gibt es das FBM Programm nicht ohne Grund. Produkte mit schlecht kalkulierbarer Nachfrage, wenig Stückzahlen oder Übergröße können im FBA Programm tatsächlich teurer werden. Gerade bei Übergrößen, die sich langsam verkaufen und viel Lagerkapazität in Anspruch nehmen, eignen sich oft gut für Amazon FBM. Händler mit beispielsweise vielen kombinierbaren Produkten, die als Bundles verkauft werden können, haben mit FBM ebenfalls Vorteile, da man Bundles nur innerhalb einer Verpackung über FBA verkaufen kann.
Wenn man z.B. einzeln eine große und eine kleine Hantel verkauft, diese aber auch als Set anbieten möchte, müsste man bei FBA einmal die große, einmal die kleine und einmal eine Verpackung mit beiden Hanteln zu Amazon schicken.
Das FBM Programm ist ebenfalls für größere Unternehmen geeignet, die bereits auf anderen Marktplätzen verkaufen und ein eigenes Warenwirtschaftssystem aufgebaut haben. Allerdings kommt es auch hier auf die Kalkulation an. Wenn die Produkte besonders anfällig für Beschädigungen sind oder generell eine besondere Behandlung erfordern (z.B. Gefahrgut), ist FBM oft die einzige Möglichkeit (Gefahrgut wird von Amazon nur unter sehr strengen Voraussetzungen eingelagert).
Zwischenfazit zu Amazon FBM
Amazon FBM hat definitiv eine Daseinsberechtigung und eignet sich, wenn die zu verkaufenden Produkte aus den oben genannten Gründen nicht in das FBA Programm passen. Meistens trifft das jedoch auf große Seller bzw. große Unternehmen zu, die neben Amazon noch andere Marktplätze bedienen und bereits die Erfahrung und die nötigen Kapazitäten haben, um die harten FBM Richtlinien zu erfüllen. Der Prime-Batch trägt inzwischen wesentlich zur Kaufentscheidung der Kunden bei und wird dementsprechend auch vom Amazon Algorithmus bevorzugt. Für Gründer, Anfänger oder Verkäufer mit ein paar Produkten in normaler Größe, bleibt FBA in den allermeisten Fällen die beste Möglichkeit, um erfolgreich auf Amazon zu verkaufen.
Wichtig: Man könnte jetzt vermuten, dass sich Amazon FBM eignet, um Produkte über Dropshipping auf dem Marktplatz zu verkaufen. Laut den Amazon Richtlinien ist das allerdings nicht gestattet und sollte auf jeden Fall vermieden werden. Dritte Unternehmen, also z.B. Fulfillment-Dienstleister sind für den Versand der Produkte zum Kunden allerdings zugelassen. Wichtig ist nur, dass Verpackung und Rechnung dem Verkäufer zugeordnet werden können.
Amazon FBA vs. Amazon FBM – Vergleich
Einige Vor- und Nachteile wurden bereits oben besprochen. Wie sieht es aber konkret mit den Kosten aus? Angenommen man verkauft ein Produkt, welches 400g wiegt und in ein klassisches Standard-Paket passt. Versendet man dieses aus einem deutschen FBA-Lager (Seller können auch in Polen und Tschechien lagern) liegen die Kosten für Prime-Versand inklusive Sendungsnummer und Verpackung bei 4,15 €. Ein externes Versandunternehmen kann diese Preise in der Regel nicht ermöglichen.
Würde man z.B. als kleiner Seller mit noch wenig Bestellungen über DHL versenden, lägen die Kosten für einen Express-Versand am nächsten Tag bei 12 €. Wenn man auf Prime verzichtet, aber mit Sendungsnummer verschickt, bei 4,99 € ohne Karton und einberechnete Arbeitszeit. Für eher kleine Seller mit Produkten in Standardgrößen ist FBM wirtschaftlich meistens nicht geeignet. Im nächsten Beispiel geht es um ein Produkt mit einem Gewicht von 14 kg.
Selbst wenn man ein Produkt in dieser Größe verschickt, bietet einem Amazon attraktive Preise, wie in dem Fall 9.31 €. Auch das wäre kaum möglich mit einem Fulfillment-Dienstleister oder einem klassischen Versandunternehmen. Wenn sich dieses Produkt allerdings wenig verkauft, ca. 1 x pro Tag, könnte FBM trotzdem eine günstigere Alternative sein. Warum?
Als FBA-Seller sollte man seinen Lagerbestand immer aufrechterhalten, also regelmäßig auffüllen. Der Versand vom Hersteller oder einem externen Lager ins Amazon Lager kostet auch Geld, was sich besonders bei großen Produkten beträchtlich auf die Marge auswirken kann. Für ein Produkt dieser Beispielgröße fallen über 4,50 € Lagerkosten pro Monat an. Hat man also zu viele Produkte im Lager, steigen die Lagerkosten, hat man zu wenig Produkte, muss man öfter einliefern, was wiederum viel Geld kostet. Hier greifen Seller oft zu FBM, da die gesamten Kosten, zu denen auch Arbeitsaufwand gehört, günstiger sind als der Versand über Amazon FBA.
Fällt die Wahl aus rationalen Gründen auf Amazon FBM, kann man sich entweder an einen Fulfillment-Service wenden oder den Versand selbst in die Hand nehmen. Möchte man selbst versenden, braucht man ein Lager sowie einen funktionierenden Workflow. Dazu gehören ab einer gewissen Größe die entsprechende Software, Equipment wie Labeldrucker und Handscanner sowie geschultes Personal. Die Pakete kann man täglich von DPD oder einem anderen Dienstleister abholen lassen und so zum Kunden verschicken.
Die Zusammenarbeit mit einem Fulfillment-Service sollte man sich gut überlegen, denn Amazon bietet einem bereits einen entsprechenden Service und noch dazu die besten Preise. Wenn es stichhaltige Argumente für einen anderen Dienstleister gibt, z.B. das Bündeln von Artikeln, günstige Lagerkosten für Übergrößen oder die Möglichkeit, Gefahrgut zu versenden, kann man grob mit folgenden Preisen rechnen (ab einem gewissen Volumen werden die Preise natürlich geringer und man bekommt individuelle Angebote):
- Empfang: 1,50 – 2,50 € pro Produkt.
- Lagerung: Individuell (Tag/Monat).
- Arbeitszeit: 1,30 – 2,50 € pro Produkt.
- Verpackung: 0,50 – 2,50 €
- Versand: Individuell (Größe)
Dieses Beispiel verdeutlicht nochmal, dass sich die Arbeit mit einem externen Fulfillment-Dienstleister nur lohnt, wenn es wirklich erforderlich ist. Aufgrund von kleineren Verzögerungen bei der Amazon-Einlagerung, dem kulanten Support bei Retouren oder Lieferbeschränkungen, macht es für die meisten Seller, besonders am Anfang, keinen Sinn, vollständig auf FBM umzustellen.
Für alle, die sich jetzt für den Start mit Amazon FBA interessieren, werden in folgendem Blog-Artikel alle weiteren Schritte erklärt: Amazon FBA Anleitung: Die ersten Schritte für deinen Start!
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Amazon FBM bedeutet Fulfillment by Merchant und ist eine Alternative zu Amazon FBA. Wer auf Amazon über FBM verkauft ist selbst für Lagerung, Verpackung und Versand verantwortlich, weshalb sich FBM hauptsächlich für große Unternehmen oder außergewöhnliche Produkte wie Übergrößen und Gefahrgut eignet.
Wer über Amazon FBA verkauft, muss sich nur um die Aufrechterhaltung des Lagerbestandes bei Amazon kümmern. Die Lagerung, die Verpackung und der Versand wird von Amazon übernommen. Bei FBM ist man für diese Punkte selbst verantwortlich und muss strengen Amazon-Vorschriften gerecht werden.
Für FBM kann sich jeder anmelden, der Produkte auf Amazon verkauft oder verkaufen möchte. Die Voraussetzung ist ein angemeldetes Gewerbe.