Zuverlässige Hersteller finden: Komplette Schritt-für-Schritt Anleitung

Eine Anleitung, wie man Produzenten für die Herstellung von physischen Produkten findet - Vom Erstkontakt bis zur finalen Bestellung alle Schritte praxisnah erklärt.
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Wer mit eigenen physischen Produkten handelt, Amazon FBA betreibt oder eine geniale Produktidee hat, braucht einen zuverlässigen Hersteller. Diesen zu finden ist am Anfang gar nicht so einfach, da es auf unzähligen Plattformen unzählige Hersteller für dieselben Produktkategorien gibt. Um in dieser riesigen Auswahl nicht den Überblick zu verlieren, braucht es einen strukturierten Leitfaden, den man für jedes Produkt Schritt-für-Schritt abarbeiten kann und am Ende den passenden Hersteller herausfiltert. 

Die Herstellersuche ohne definierten Auswahlkriterien und festgelegten Workflow anzugehen ist riskant, da man bei 20+ potenziellen Herstellern pro Produkt schnell die Übersicht verliert. Spätestens wenn man mehrere Produkte gleichzeitig auf den Markt bringt, ist ein klares System mit allen notwendigen Schritten unumgänglich. Den richtigen Hersteller zu finden ist einer der wichtigsten Schritte in der Produktentwicklung, der über den langfristigen Erfolg des Unternehmens entscheidet. Ist ein Hersteller beispielsweise unzuverlässig und liefert nicht in 30, sondern 50 Tagen, hat man eventuell 20 Tage keine Waren auf Lager und damit große Lücken im Cashflow

Damit das nicht passiert, sollte man sich schon beim ersten Produkt, eine Liste mit allen Aufgaben erstellen, die während der Herstellersuche anfallen. Welche das genau sind, wird der Reihenfolge nach in diesem Artikel erklärt. Dieser teilt sich in zwei große Abschnitte: Einmal die Vorarbeit, also die Recherche nach einem Hersteller auf den verschiedenen Plattformen und einmal den Prozess vom Erstkontakt bis hin zur finalen Bestellung. 

Anleitung: Den richtigen Hersteller finden

In der Regel findet man Hersteller über B2B-Plattformen, die sich speziell auf Produzenten, Großhändler und Hersteller ausgerichtet haben. Marktplätze dieser Art gibt es für fast jedes Land. Dabei hat fast jede Region ihre eigene Spezialisierung. In der Türkei werden z.B. oft Textilien produziert, während man im Lebensmittel und Supplement-Bereich oft auf deutsche Produzenten setzt. Auch wenn es unterschiedliche Spezifizierungen gibt, sollte man sich bei der Herstellersuche nicht unbedingt auf ein bestimmtes Land festlegen. Besonders in Asien findet man immer Hersteller, die das gewünschte Produkt in gleicher oder besserer Qualität produzieren können und zusätzlich bessere Konditionen, z.B. eine geringe MOQ (Mindestbestellmenge) anbieten. 

Um es möglichst einfach zu halten, sollte man sich am Anfang auf Europa und China fokussieren. Wenn man keine besonders exklusiven oder innovativen Produkte verkauft, decken diese beiden Regionen so gut wie alle Branchen vollständig ab. Die Region sollte also nicht alleine im Fokus stehen, sondern besonders die Qualität des angebotenen Produktes bzw. des Samples. In folgender Liste werden die wichtigsten B2B-Marktplätze für individuelle Produkte genauer erklärt, sodass man direkt mit der Recherche loslegen kann. 

Plattformen für die Herstellersuche

1. Alibaba.com

Der größte und wichtigste Marktplatz für die Herstellersuche im asiatischen Raum ist Alibaba.com. So gut wie alle Produkte, egal ob Nahrungsmittel, Industriemaschinen oder einfaches Küchengeräte sind auf Alibaba vertreten. Auf dieser Plattform keinen passenden Hersteller zu finden, ist also eher unwahrscheinlich. Die Suche funktioniert über eine klassische Suchleiste, in der man verschiedene Keywords eingeben kann. Um die besten Ergebnisse zu erhalten, sollte man die internationale Seite von Alibaba verwenden und seine Suchbegriffe auf Englisch eingeben. 

Alibaba Hersteller finden

Durch die vielen Filtereinstellungen, Siegel und Zertifikate wirkt die Seite erstmal etwas unübersichtlich. Wichtig ist, dass man sich davon nicht ablenken lässt und alle zusätzlichen Informationen erstmal ausblendet. Dazu gehören auch die Angaben zu den Mindestbestellmengen und dem Preis. Da man ein eigenes Produkt entwickelt, kann der finale Preis noch gar nicht festgelegt sein und auch die Mindestbestellmenge hängt stark vom Produktionsumfang ab. Sogar Bilder spielen erstmal keine große Rolle. Hersteller verwenden oft simple Beispielbilder, um auf die Art des Produktes hinzuweisen. Erst während der Kommunikation wird sich herausstellen, ob individuelle Änderungswünsche umgesetzt werden können. 

Mit einem Klick auf das Listing erhält man viele weitere Informationen, die bei individuellen Produkten erstmal irrelevant sind. Auf der rechten Seite befindet sich ein Banner, der einen auf die Shopseite des Herstellers weiterleitet. Dort findet man das gesamte Produktsortiment, die Kontaktmöglichkeiten und nähere Informationen zum Unternehmen. Auf welche Daten man hier achten sollte, wird im zweiten Abschnitt des Artikels besprochen. Unterhalb des Listings oder auf der Shopseite gibt es eine Kontaktmöglichkeit. Klickt man darauf, kann man den Hersteller direkt kontaktieren und innerhalb von Alibaba kommunizieren. 

Kommt es im Laufe der Kommunikation zu einer Sample-Bestellung oder großen Order, kann auch diese über die Alibaba-Trade-Assurance sicher bezahlt und risikofrei abgewickelt werden. Sollte sich nach der Produktion herausstellen, dass ein Großteil der Ware fehlerhaft ist oder andere vertraglich festgemachte Bedingungen nicht eingehalten wurden, bekommt der Hersteller sein Geld nicht ausgezahlt. Die Trade-Assurance ist daher besonders am Anfang eine gute Möglichkeit, sich gegen Falschlieferungen oder unzuverlässige Hersteller abzusichern. 

Alibaba Herstellersuche

Wichtig: Ein hohes Ranking ist kein Zeichen von Professionalität oder Zuverlässigkeit. Viele Hersteller stecken viel Geld in Marketing, um auf den entsprechenden Plattformen weiter oben gelistet zu werden. Es lohnt sich also, auch die nächsten Ergebnisseiten zu durchsuchen.

2. Europages und WLW 

Wer sich in Deutschland und Europa auf die Suche nach einem Hersteller machen möchte, findet die meisten Ergebnisse auf WLW (wer-liefert-was) und Europages. Der größte Unterschied zu asiatischen Seiten ist, dass sich die Suchmaschine in eine Unternehmenssuche und eine Produktsuche aufteilt. Das vereinfacht das Sourcing besonders, wenn man ein ganz neues Produkt oder Design aus einem bestimmten Rohstoff produzieren möchte. Während man bei Alibaba nach möglichst ähnlichen Produkten suchen müsste, kann man auf Europages oder WLW beispielsweise direkt nach Holzverarbeitung oder Metallbau suchen und bekommt Unternehmen vorgeschlagen, die sich explizit mit dem Rohstoff auseinandersetzen. 

WLW Hersteller finden

Umso weniger ausgereift ist die Produktsuche bei beiden Plattformen. Gibt auf man auf WLW z.B. das Keyword Knoblauchpresse ein, findet man fünf Anbieter, bei denen es sich größtenteils um Großhandelsware handelt. Zum Vergleich, auf Alibaba erhält man zum gleichen Suchbegriff über 100 Ergebnisseiten. Auch die Kommunikation unterscheidet sich stark von Alibaba, da die Unternehmen extern per Mail oder Telefon kontaktiert werden müssen. Das verschlechtert natürlich die Übersicht, wenn man viele Unternehmen anschreibt. Die Kommunikation ist in Deutschland und Europa grundsätzlich eine ganz andere, weshalb darauf im zweiten Kapitel gesondert eingegangen wird. 

Je nachdem, wie umfangreich ein Unternehmen seine Präsenz auf WLW oder Europages gestaltet hat, findet man direkt die Kontakte für alle Ansprechpartner in verschiedenen Bereichen. So kann man sich z.B. direkt an den Vertriebsleiter wenden und den Kommunikationsprozess stark beschleunigen. Eine relativ neue Funktion von WLW ist, direkt über die Seite einen Suchauftrag zu erstellen. Anhand eines Formulars können alle relevanten Informationen eingegeben werden und WLW sucht nach Herstellern, für die sich der Auftrag eignen.

3. Weitere Alternativen 

Natürlich kann es passieren, dass man nach ausführlicher Suche auf den oben erwähnten Seiten nicht fündig geworden ist. In so einem Fall kann man weitere kleinere Seiten hinzuziehen und dort nach einem geeigneten Hersteller suchen. Da es sich bei Alibaba, Europages und WLW um die drei wichtigsten Seiten handelt, sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, auf anderen Plattformen einen geeigneten Hersteller zu finden. Gibt es zum eigenen Produkt überhaupt keine Produktvorschläge, sollte man seine Idee vielleicht nochmal überdenken, da es sich eventuell um ein Produkt mit sehr wenig Nachfrage handelt. Gibt es viele Ergebnisse, aber keinen passenden Hersteller, hilft nur weitersuchen. Das kann man z.B. auf folgenden Seiten: 

  • Globalsources 
  • Made in China 
  • Industrystock 
Globalsources Hersteller finden

Messen: Eine sehr interessante Zusatzmöglichkeit sind hingegen Messen. Auf einer Messe kommen viele verschiedene Hersteller zusammen und stellen ihre Produkte aus. Die Vorteile sind, dass man direkt einen Eindruck vom Hersteller bekommt, persönlich überzeugen kann und die Produkte direkt in der Hand hat. Man kann also einiges beschleunigen und startet direkt auf einer persönlichen Ebene in die Geschäftsbeziehung, ein Erfolgsfaktor, der von vielen Unternehmern unterschätzt wird. 

Eine der größten Messen in diesem Bereich ist die sogenannte Canton Fair, die jedes Jahr zweimal in China stattfindet und über 200.000 Besucher sowie 15.000 Aussteller anzieht. Natürlich ist so ein Messebesuch mit hohem Aufwand verbunden und es wird nicht jedem möglich sein, für 3-4 Tage nach China zu fliegen. Günstige Alternativen sind Online-Messen und Trade-Shows, die regelmäßig auf Alibaba angeboten werden. Für den Anfang ist ein Messebesuch meist nicht notwendig und eignet sich eher für fortgeschrittene Seller, die ihr Sortiment umfangreich erweitern wollen. Wer sich diesbezüglich auf dem Laufenden halten will, findet auf Messen.de eine Übersicht aller zukünftig stattfindenden deutschen Messen. 

Eine dritte Möglichkeit, die sich auch eher für fortgeschrittene Seller oder komplexe Produkte eignet, ist die Beauftragung eines Sourcing Agents. Ein Sourcing Agent ist ein Dienstleister, der in einem bestimmten Land nach geeigneten Herstellern sucht und einem den gesamten Sourcing-Prozess abnimmt. Der Vorteil eines Sourcing-Agents ist, dass dieser das Land und dessen Kultur kennt, die Sprache spricht und somit viel mehr Möglichkeiten hat, verschiedene Angebote reinzuholen und den besten Preis zu verhandeln. Es gibt immer noch sehr viele Hersteller, die kein Englisch sprechen und daher wenig mit internationalen Kunden kooperieren. In China findet man solche Hersteller z.B. auf 1688.com, einer rein chinesischen Alternative zu Alibaba. 

Kommunikation mit dem Hersteller

Der erste Schritt zur Herstellersuche ist, über die oben erwähnten Seiten ausführlich zu recherchieren und verschiedene Keywords in die Suchleiste einzugeben. Jedes Produkt, welches dem eigenen ähnelt, wird erstmal gespeichert. Sobald man eine Liste von etwa 10-20 Herstellern hat, können diese nach und nach abgearbeitet werden. Wenn es sich um chinesische Produzenten handelt, ist der Erstkontakt relativ einfach und kann in der Regel direkt über die Plattform und das interne Postfach erledigt werden. Bei deutschen Herstellern ist es etwas komplizierter, da die Ansprüche etwas höher sind und deutsche Produzenten oft kein Interesse an kleinen Aufträgen von Einzelpersonen haben. Hier ist es also wichtig, vorsichtig vorzugehen und sich dem Ziel langsam anzunähern. Der folgende Leitfaden zur Herstellersuche erklärt alle wichtigen Schritte, vom Erstkontakt bis zur finalen Bestellung. 

1. Erstkontakt 

Die Kommunikation auf Alibaba ist relativ einfach und übersichtlich. Auf dem Listing oder der Shopseite gibt es meistens einen Kontakt-Button, über welchen man dem Hersteller direkt eine Nachricht schreiben kann. Das anschließend erscheinende Formular ist vielleicht etwas verwirrend, weil man je nach Produkt bereits einige Produktspezifikationen angeben muss. Abgesehen von der Mengen, die man im besten Fall auf mind. 1.000 setzt, braucht man sich davon nicht verwirren zu lassen. Schließlich entwickelt man ja ein eigenes Produkt mit eigenen Spezifikationen, die man dem Hersteller später kommuniziert.

Hersteller anschreiben

Die Kommunikation ist in China deutlich lockerer als in Deutschland, weshalb man sich bezüglich der ersten Nachricht nicht zu viele Gedanken machen sollte. In der Regel spricht man sich sogar mit Vornamen an und pflegt einen sehr persönlichen Kontakt. Trotzdem sollte man in der ersten Nachricht einige Dinge beachten, damit der Hersteller merkt, dass er die Chance auf eine größere Bestellung hat und die Nachricht priorisiert. Wie man diese Nachricht gestalten kann, zeigt folgender vielfach bewährter Aufbau: 

  • Begrüßung und Vorstellung als Sourcing Manager des Unternehmens XY. 
  • Kurzbeschreibung des eigenen Unternehmens und Vision für die Zukunft. 
  • Erwähnen, dass man nach einer langfristigen Kooperation für XY sucht. 
  • Zum Schluss 3-5 Fragen zum Produkt und dem Unternehmen stellen.

Info: FOB ist die Abkürzung für “Free on Board” und ein sogenannten Incoterm für den Import. Da größere Lieferungen nicht einfach per Versanddienstleister verschickt werden können und viele verschiedene Stationen durchlaufen, muss für den Import ein Logistiker beauftragt werden. Incoterms regeln, wer zu welchem Versandzeitpunkt für die Ware verantwortlich ist. Versendet man über FOB, liefert der Hersteller die Ware eigenverantwortlich an den Versandhafen und übergibt sie dort dem Logistiker. Eine gängige Alternative zu FOB ist EXW (Ex Works). Hier holt der Logistiker die Ware direkt beim Hersteller ab und ist damit für den ganzen Versand verantwortlich. 

Jetzt heißt es erstmal abwarten bis die ersten Antworten eintreffen. In der Zwischenzeit kann man sich schonmal eine Excel oder G-Sheets Datei anlegen, in welcher man den Sourcing-Prozess organisiert. Das heißt man erstellt Spalten für alle wichtigen Informationen (z.B. Preis, Produktionszeit, Zertifikate, USPs) und den aktuellen Bearbeitungsstand (z.B. Samples bestellt: Ja oder Nein). Arbeitet man ohne Liste, wird es später sehr unübersichtlich und man verbringt viel Zeit damit, auf Alibaba nach den verschiedenen Nachrichten zu suchen. 

Bei deutschen oder europäischen Herstellern läuft der Erstkontakt etwas anders ab. Hier ist wichtig, einen sehr seriösen Eindruck zu machen und bereits eine Online-Präsenz (z.B. eine Website) zu haben. Es muss für den Produzenten erkennbar sein, dass es sich um ein seriöses Unternehmen handelt, dem es wirklich ernst ist. Am Anfang sollte man noch nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen, da geringe Bestellmengen für viele abschreckend wirken. Die vermutlich beste Methode ist, besonders wenn man noch keine Website hat, anzurufen und sich über das Unternehmen und die Produkte zu informieren. Das kostet am Anfang vielleicht etwas Überwindung, erhöht aber die Erfolgschancen.

2. Weitere Kommunikation

Wenn man zwischen 10 und 20 Hersteller kontaktiert hat und die ersten Antworten eintrudeln, geht es darum, weitere Informationen einzuholen und passende Produzenten für die ersten Samples zu finden. Üblicherweise bleiben etwa 5-10 Hersteller übrig, die final für die Bestellung eines Samples infrage kommen. Um diese herauszufinden, sollte man zunächst ein paar tiefere Informationen über das Unternehmen und seine Produkte in Erfahrung bringen. 

Das erste entscheidende Kriterium für einen zuverlässigen Hersteller ist Kommunikation. Wenn die Antwortzeit im Durchschnitt über einem Tag liegt, der Hersteller manche Fragen nicht beantwortet oder gar nicht auf die eigenen Nachrichten eingeht, zeugt das eher von Unzuverlässigkeit. Manche Hersteller müssen aber auch erstmal warmlaufen und von der eigenen Idee überzeugt werden. Also nicht direkt aufgeben, sondern ruhig etwas nachbohren und nochmal auf das langfristige Wachstum des eigenen Unternehmens eingehen. So sieht eine durchschnittliche gute Antwort eines Herstellers aus: 

Vorlage Nachricht an Hersteller

In der Regel ergibt sich die weitere Kommunikation von alleine und man sollte von Beginn an drauf achten, wie kompetent die Fragen beantwortet werden. Im besten Fall erstellt man sich eine Liste mit alles wichtigen Fragen zum Produkt, die man so Schritt für Schritt abarbeitet.

Den Kommunikationsprozess sollte man nicht unnötig in die Länge ziehen. Man wird ziemlich schnell ein Gefühl dafür bekommen, ob es ein Hersteller ernst meint und einen zuverlässigen Eindruck macht. Nachdem man die wichtigsten Infos bekommen hat, kann man mit direkt in die nächste Runde gehen und die ersten Samples bestellen. Manchmal schadet es nicht, noch einen kurzen Blick auf die Shopseite der ausgewählten Hersteller zu werfen. Dort findet man meistens noch genauere Informationen über die Mitarbeiteranzahl, Fotos vom Unternehmen, Kundenreferenzen und Qualitätssiegel. Zusätzlich bekommt man einen Einblick in das gesamte Sortiment des Herstellers, woraus sich ggf. zukünftige Produktmöglichkeiten erschließen. Ein besonders gutes Zeichen ist, wenn der Hersteller sich ganz auf ein bestimmtes Thema fokussiert hat. Das spricht für Expertise im entsprechenden Bereich und einen starken Partner für weitere Produkte der eigenen Marke. 

3. Bestellung der Samples

Die ersten Samples dienen dazu, die Qualität des Herstellers allgemein zu testen. Wenn die Standardausführungen bereits eine schlechte Qualität haben, werden die individuellen Produkte vermutlich auch nicht besser sein. Man sollte daher mindestens 3-5 Samples von verschiedenen Herstellern bestellen, um anschließend die besten 2-3 Hersteller zu finden. Da es sehr teuer wäre, jedes Produkt einzeln nach Deutschland zu schicken, kann es sich lohnen einen Konsolidierungsservice wie TipTrans mit dem gebündelten Import zu beanuftragen.

Sobald die Samples eintreffen, geht es an die genaue Untersuchung der Produkte. Am besten erstellt man in seinem Excel Sheet eine weitere Spalte für den physischen Test und trägt dort alle Ergebnisse ein. Beim Testen sollte man wirklich auf jede Kleinigkeit achten und alle Mängel genau dokumentieren. Dazu gehört auch, das Produkt so zu nutzen, wie es vorgesehen ist und einige Tests durchzuführen (Biegen, fallen lassen, brechen). Besteht das Produkt zum Teil aus Bauteilen, die äußerlich nicht sichtbar sind, sollte man es auseinanderbauen und die innere Verarbeitung prüfen. In der Regel bleiben etwa 1-3 Samples übrig, mit deren Herstellern man in die nächste Phase gehen kann. 

4. Finalisierung des Produkts

Bisher hat man mit dem Hersteller noch nicht über die USPs gesprochen, die man eigentlich zum Produkt hinzufügen möchte. Im nächsten Schritt schreibt man den übrig gebliebenen Herstellern eine Nachricht, dass man sehr zufrieden mit dem Sample war und gerne langfristig zusammenarbeiten möchte, das Produkt aber noch nicht ganz den Erwartungen der Zielgruppe entspricht. 

Über Tools wie Canva, Word oder InDesign wird jetzt ein detailliertes Briefing erstellt, welches alle Produktdetails beinhaltet. Das Briefing sollte möglichst übersichtlich gestaltet und simple formuliert sein, damit es keinen Raum für Missverständnisse gibt. Das Briefing kann anhand des folgenden Musters aufgebaut werden: 

  1. Beschreibung des Produkts: Hier wird auf alle Details des Produkts eingegangen. Das heißt, auf die Farbe, das Material, das Design und die individuellen USPs. Wichtig ist, genau zu erklären, warum man die jeweiligen Änderungen vornehmen möchte. Damit signalisiert man dem Hersteller, dass man sein Produkt nicht kritisiert, sondern wirklich verbessert bzw. dem individuellen Markt anpasst. 

2. Lieferumfang: Manchmal kann es Sinn machen, einen Flyer oder andere Zusatzprodukte mit in den Lieferumfang zu integrieren. Unter diesem Punkt listet man einmal alle Produkte auf, die getrennt voneinander mitgeliefert werden. Dazu gehören z.B. Schrauben, eine Bedienungsanleitung oder Flyer. Wichtig ist natürlich, dass man die dafür erforderlichen Details ebenfalls formuliert. Wie groß ist der Flyer? Wird der Flyer farbig bedruckt? Wie lang sind die Schrauben? Wie viele Seiten hat die Bedienungsanleitung? 

Es kann natürlich sein, dass es dazu noch Fragen gibt. Man kann den Hersteller z.B. fragen, ob er ein ganz bestimmtes Papier für Flyer bevorzugt oder welches das günstigste Papier ist. Am besten notiert man sich alle Fragen und stellt diese am Ende des Briefings gebündelt in einer nummerierten Liste. 

3. Verpackung: Wahrscheinlich hat man sich anhand der Samples schon für eine Verpackung entschieden. Meistens handelt es sich dabei um eine Color Box, eine Blistercard oder ein Poly Bag. Die Color Box ist eine typische Schachtel aus Pappe, die von allen Seiten individuell bedruckt werden kann. Die Blistercard, eine Mischung aus Plastik und Pappe, die in der Regel einseitig bedruckt wird. Solche Verpackungen finden vor allem Anwendung bei kleineren Produkten wie Batterien, USB-Sticks oder SD-Karten. Beim Poly Bag handelt es sich um einen einfachen Plastikbeutel, der das Produkt vollständig umschließt und sich besonders gut für Produkte ohne Branding oder mit geringer Marge eignet. 

Wenn man mit Color Box oder Blister Card verpackt, kann einem der Hersteller in der Regel ein Template für die Gestaltung schicken. Das kann direkt an einen Designer weitergegeben werden. Wenn man mit einem Polybag verpackt oder die Verpackung nicht bedrucken möchte, kann man die erforderlichen Angaben mit Stickern auf der Verpackung anbringen lassen. Zu diesen Angaben gehören die Adresse des Unternehmens, der EAN-Code und ggf. Informationen zu bestimmten Zertifikaten. Auf dem Poly Bag ist ebenfalls ein Erstickungshinweis verpflichtend. Tiefergehende Informationen über alles, was mit Verpackungen und Verpackungspflichten zu tun hat, gibt es in diesem Artikel: Eigene Amazon FBA Verpackung: Alles zu Richtlinien, Lizenzen & Design

4. Quotation: Zum Schluss geht man nochmal auf die aktuelle und zukünftige Bestellmenge ein und fragt nach den entsprechenden Preisen. Sobald der Hersteller alle Requirements erfüllen kann und konkrete Preise nennt, geht an den nächsten Schritt: Die Verhandlung. 

5. Verhandlung mit dem Hersteller 

Mit dem Hersteller zu verhandeln, ist zwar nicht immer zwingend erforderlich, kann sich aber lohnen. Sobald man konkrete Zahlen hat, sollte man erstmal eine Produktkalkulation durchführen und die exakte Marge bei den verschiedenen Liefermengen ausrechnen. So findet man heraus, ob man mit seinem Hersteller verhandeln muss. Man sollte beachten, dass eine positive Marge an sich nicht ausreicht, um ein Produkt zu launchen. Schließlich gibt es noch andere Kosten, wie z.B. Marketing und Tools, die ebenfalls von der Marge gedeckt werden sollten. Bei Amazon FBA ist es z.B. so, dass man mit der Produktmarge nicht unter 30 % gehen sollte, um abzüglich der oben genannten Kosten auf 20-25 % Marge zu kommen. Welche Daten bei der Produktkalkulation wichtig sind, hängt natürlich stark vom Geschäftsmodell bzw. der Vertriebsmethode ab. Wer über Amazon FBA verkaufen möchte, findet in diesem Artikel alle Infos und ein kostenloses Tool für die exakte Produktkalkulation: Amazon FBA Rechner: Präzise Produktkalkulation leicht gemacht!

Der erstgenannte Preis vom Hersteller ist vermutlich nicht der letzte Preis. Das heißt, es ist ein kleiner Verhandlungsspielraum eingebaut. Macht man seinem Hersteller einen Gegenvorschlag, sollte man diesen logisch begründen und höflich formulieren. Man könnte z.B. argumentieren, dass der Preis noch etwas über dem Zielpreis liegt und das vorhandene Budget überschreitet. Wenn man Glück hat, gibt der Hersteller direkt nach und reduziert den Preis. Reicht die Reduzierung immer noch nicht bzw. gelangt man an das Limit des Herstellers, gibt es noch viele weitere Faktoren, über die man verhandeln kann. Dazu gehören Zahlungsbedingungen, Zusatzprodukte, Änderungen am Produkt oder die Produktionszeit. Man sollte es auch nicht übertreiben, da es bei zu starken Preissenkungen passieren kann, dass man als Kunde weniger priorisiert wird und die Qualität des Produktes leidet. Mehr zum Thema Verhandeln in China gibt es in diesem Artikel: Mit Supplier verhandeln: Strategien und Hebel für bessere Ergebnisse

Nächsten Schritte – Wie geht es weiter? 

Nachdem die Ware produziert wurde, kann man sich entweder für eine Quality Inspection oder den direkten Import entscheiden. Bei einer Qualitätskontrolle wendet man sich an einen Dienstleister vor Ort, der die Bestellung anhand der vorher getroffenen Vereinbarungen überprüft. Wenn z.B. ein Teil nicht richtig verbaut wurde und dieser Fehler mehrfach auftritt, kann die Ware so nicht wirklich verkauft werden. Stellt man diesen Fehler erst in Deutschland fest, ist der Ärger natürlich groß, da man das Produkt so nicht verkaufen kann. Leider greift dann auch die Trade-Assurance nicht mehr, da man keinen offiziellen Prüfbericht einer Qualitätskontrolle vorweisen kann. So eine Kontrolle ist auch nicht besonders teuer und liegt bei etwa 300 USD. Dienstleister in diesem Bereich sind V-Trust oder Asia Quality Focus. 

Wenn es keine relevanten Mängel gibt, kann die zweite Hälfte bezahlt werden und die Ware wird für den Versand fertig gemacht. Jetzt kann der Logistiker beauftragt werden. Hier steht der Transport per Schiff, Flugzeug oder Zug zur Auswahl. Bei den meisten Logistikern kann man sich per E-Mail ein Angebot einholen und sich dann für eine Versandmethode entscheiden. Sobald der Logistiker beauftragt wurde, übernimmt dieser die Kommunikation mit dem Hersteller und fordert die notwendigen Dokumente an. Wichtig ist, dass der Hersteller auf jeden Karton die nötigen Shipping Marks schreibt. Besonders bei vielen Kartons mit unterschiedlichen Varianten ist das unverzichtbar. Was Shipping Marks sind, wird in diesem Artikel erklärt: Warum Shipping Marks beim Import für Amazon FBA so wichtig sind

Fazit – Passenden Hersteller finden

Ein eigenes Produkt zu planen und produzieren zu lassen ist nicht besonders kompliziert, erfordert aber einige Arbeitsschritte, die man sorgfältig abarbeiten sollte. Hat man diese Schritte einmal verinnerlicht, werden sie einem in Zukunft immer leichter fallen und man wird auch in der Lage sein, mehrere Produkte gleichzeitig zu sourcen. 

Natürlich kommen je nach Produkt noch weitere Schritte hinzu oder gestalten sich etwas komplexer. Besonders Lebensmittel oder Elektronikprodukte sind sehr kostenintensiv und an viele Richtlinien und Anforderungen gebunden. Für den Anfang ist es also sinnvoll, sich auf mittelgroße und weniger komplexe Produkte zu fokussieren. 

Bei der Herstellersuche gibt es einen Punkt, der über allen anderen steht: Die Qualität des Produktes. Auch wenn ein Hersteller gut kommuniziert und einen günstigen Preis anbietet: Stimmt die Qualität nicht, hat das Produkt langfristig keinen Erfolg. Das gilt aber auch anders herum, wenn ein Hersteller ein gutes Produkt zu einem guten Preis liefern kann, aber sehr unzuverlässig ist und nicht gut kommuniziert, ist eine langfristige Zusammenarbeit wenig sinnvoll. 

Es ist grundsätzlich gut, für jedes Produkt zwei potenzielle Hersteller zu haben, um nicht auf die Arbeit eines Partners angewiesen zu sein. Wenn der eigene Hersteller z.B. insolvent geht, die Preise erhöht oder aus anderen Gründen nicht liefern kann, hat das direkt Auswirkungen auf das eigene Geschäft und kann zu großen Umsatzeinbußen führen. Um diesen Schritt kann man sich aber auch kümmern, wenn das erste Produkt bereits gelauncht ist. 

Mehr Infos über den Marktplatz Amazon und dessen Potenzial für Dritthändler gibt es in diesem Erfahrungsbericht über die ersten 10.000 € Gewinn auf Amazon: Amazon FBA Erfahrungen: Die ersten 10.000 € Gewinn im Monat


FAQ – Häufig gestellte Fragen


Wie findet man einen Hersteller?

Einen zuverlässigen Hersteller findet man vor allem auf B2B-Plattformen wie Alibaba oder WLW. Anschließend können potenzielle Partner über die dort angegebenen Kontaktinformationen kontaktiert werden. 

Wo kann man nach einem Hersteller suchen?

Es gibt viele Plattformen für verschiedene Länder, auf denen Hersteller ihre Produkte präsentieren. Die bekanntesten Seiten sind Alibaba, Globalsources, Europages und WLW. Alternativ kann sich der Besuch einer Fachmesse lohnen, auf denen zum Teil tausende Hersteller live vor Ort sind und ihre neuen Produkte ausstellen. 

Worauf sollte man bei Herstellern achten?

Besonders wichtig ist, dass der Hersteller zuverlässig kommuniziert, auf Fragen eingeht und sich insgesamt kooperativ zeigt. Stimmen diese Faktoren, ist die Produktqualität das entscheidendste Kriterium für die Auswahl eines Herstellers. Preis und Lead Time sind zwar auch wichtig, allerdings kein direktes Ausschlusskriterium, da sich über beides verhandeln lässt. 


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